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Warum werden Menschen zu Christen?
Marc Roman Wäckerlin (1998)

Ein häuffiges Argument von Seiten des Christentums für seine Sache ist die grosse Zahl seiner Anhänger. Gerne wird darauf verwiesen, dass das Christentum die grösste aller Religionen sei. Daher ist die Frage, wie diese Anhängerschaft
zusammen kommt und wie sie sich zusammensetzt von grosser Brisanz.

Die Struktur des Christentums:

Zunächst einmal gilt es zu untersuchen, über wie viele Anhänger das Christentum tatsächlich verfügt und wie sich diese zusammensetzen. Nach meinem bereits etwas
in die Jahre gekommenen Lexikon von 1980 sind weltweit nicht ganz ein Viertel aller Menschen Christen. Selbst zusammen mit den beiden anderen semitischen
Religionen, dem Judentum und dem Islam kommt man auf nicht einmal ein Drittel der Weltbevölkerung. Dieses Viertel spaltet sich weiter auf in unzählige Splittergruppen mit teilweise höchst unterschiedlichen, stark widersprüchlichen
Ansichten und Dogmen.

Da wäre zum einen die römisch katholische Kirche, die den
Alleinherrschaftsanspruch über alle Christen unter ihrem Oberhaupt, dem Papst fordert. Diese ist streng hierarchisch, antidemokratisch, patriarchalisch und absolutistisch strukturiert. Bereits früh spaltete sich von dieser weströmischen die oströmische, byzantinische oder griechisch orthodoxe Kirche ab, aus der dann auch die russisch orthodoxe Kirche hervorging. All diesen Kirchen gemeinsam ist ihre Erstarrung in einer mittelalterlichen Zeremonien- und Kultzentrierten feudalistischen Form.

Zur Zeit der Renaissance, als der Katholizismus den Höhepunkt seiner Dekadenz erreicht hatte, glaubten einige versessene Priesterseelen, die Verweltlichung der Religion stoppen zu müssen, indem sie die Kirche reformieren wollten, so der Antisemit Martin Luther in Deutschland oder Zwingli und Calvin in der Schweiz.
Sie skandierten, dass die Bibel das einzige Fundament des Glaubens sei, während die katholische Kirche sich nach wie vor auch auf die Tradition beruft. Im Gegensatz zur katholischen Kirche glaubten die Reformer, dass nicht nur
auserwählte und gelehrte Priester, sondern jeder Mensch befähigt sei, die Bibel zu lesen und zu verstehen. Doch Laien waren noch weniger in der Lage, zu einer einheitlichen Interpretation der Bibel zu gelangen, als zuvor bereits die über Jahrhunderte hinweg immer wieder heftig zerstrittenen katholischen Priester und Bischöfe. So spalteten sich seit der Reformation tausende von Sekten von der reformierten Kirche ab. Aus einem ganz anderen, viel pragmatischeren Weg gelangte England zur Reformation - der für seine vielen Frauen bekannte und berüchtigte englische König Heinrich VIII wollte sich scheiden lassen. Da die katholische Kirche keine Scheidung kennt und der Papst die Ehe nicht für ungültig erklären lassen wollte, gründete Heinrich kurzerhand seine eigene Konfession und spaltete die anglikanische von der römisch katholischen Kirche ab.

Selbst innerhalb der gleichen Konfession gibt es zum Teil eklatante Unterschiede aufgrund der vorchristlichen Tradition. So wie bei uns in Europa das aufkommende Christentum die bestehenden heidnischen Bräuche aufgesogen und an seine
Bedürftnisse angepasst hat, so geschah das auch auf den zur Kolonialzeit zwangschristianisierten Philipinen. In Europa hat das Christentum das vorchristliche Wintersonnwendfest, die Feier der längsten Nacht zum 21. Dezember, nach der die Sonne wieder zunimmt und das Leben neu erwacht, als
Weihnacht wiederverwertet. So konnte man der nicht christlichen Bevölkerung die Abkehr von den alten Bräuchen erleichtern. Geblieben ist nur noch der Tannenbaum, als Symbol für die blühende Natur, die auch den Winter übersteht und die Lichter, die die dunkelste aller Nächte erhellen sollen. Ostern war früher ein fröhliches Fest der Fruchtbarkeit, von dem uns nur die Fruchtbarkeissymbole Eier und Hasen als Hinweis geblieben sind. Das körperfeindliche, naturverachtende Christentum konnte diese Freizügigkeit nicht dulden und machte aus dieses Fest zur Erinnerung an eines der dünkelsten Kapitel der Bibel, den von Gott verordneten Mord an seinem eigenen Sohn als Menschenopfer für ein angebliches Fehlverhalten der Menschheit.

Auf den Philipinen lassen sich heute
noch Menschen katholischen Glaubens zu Ostern als Märtyrer selbst ans Kreuz schlagen. Dieser blutige Brauch löst bei den europäischen Katholiken nur Kopfschütteln aus, obschon beide derselben Konfession angehören. Auch haben die
Philipinen ihren Polytheismus nie aufgegeben. Da sie nun aber nicht mehr ihre Götterstatuen verehren dürfen, der eifersüchtige christliche Gott toleriert keine anderen Götter neben ihm, schnitzen sich die Philipinos unzählige Figuren
der unterschiedlichsten katholischen Heiligen, welche sie mit dem Segen der Kirche verehren und anbeten dürfen.

Das Christentum ist in keiner Hinsicht eine einheitliche Lehre, es veränderte sich über die Zeit und es variiert in den verschiedenen Regionen dieser Erde teilweise sehr heftig. Die unterschiedlichen Splittergruppen sind sich teilweise spinnefeind, wie nicht nur die Zeiten der mittelalterlichen Ketzerverfolgungen und Religionskriege belegen, sondern auch das neuere Beispiel des Nordirland Konflikts sehr schön zeigt. Diese Voraussetzungen sind äusserst ungeeignet, um
den Menschen die Wahrheit zu verkünden, wie das alle christlichen Gruppierungen jeweils für sich beanspruchen.

Die Ausbreitung des Christentums:

Es gibt kaum eine Religion, die intoleranter wäre, als das Christentum, kaum eine die mehr missionierte, kaum eine die fremden Bräuchen und Kulturen gegenüber geringschätziger eingestellt wäre. Dies ist wohl ein Hauptgrund für die weite Verbreitung des Christentums. Wo gläubige Christen hinkommen, versuchen sie zu missionieren und zu christianisieren. Dies geschieht teilweise sanft, indem versucht wird, ein vorbildliches Leben zu führen, aber auch durch
die Errichtung von Abhängigkeiten durch karitative Werke, sogenannte gute Taten, die Einrichtung von Kirchen und christlich orientierter Schulen, aber auch mit roher Gewalt, mit dem fällen heiliger Bäume, der Zerstörung von Tempeln und der Ermordung fremder Priester. Unter anderen Religionen ist ein solcher Eifer gänzlich unbekannt. Der tibetische Dalai Lama hat sich sogar explizit gegen die Konvertierung zum Buddhismus ausgesprochen, als er sagte, ein jeder solle seiner Tradition treu bleiben. Eine solche Toleranz ist den Christen, den selbsternannten Verkündern der absoluten und höchsten Wahrheit, gänzlich unbekannt. Auch gehöre ich unter den religionsfreien Menschen zu einer verschwindenden Minderheit mit meinem Einsatz zu Gunsten des Atheismus'. Die meisten Ungläubigen leisten sich zwar eine eigene Meinung, erachten es aber als unnötig, anderen ihr Denken näherzubringen oder mit ihnen zu diskutieren. Meine
Streitfreudigkeit kommt wohl auch zu einem grossen Teil daher, dass ich mich nur unter grossen Anstrengungen von der kleinlichen Weltanschauung meiner tiefreligiösen Eltern losreissen konnte.

Der christliche Missionseifer ist sicherlich eine der Hauptursachen, warum sich diese Religion wie ein Krebsgeschwür ausbreitete. Er erklärt aber noch nicht,
wie das Christentum im Mittelalter jemals zur staatstragenden Macht gelangen konnte, denn die Politik wird durch die Mächtigen bestimmt, nicht von Fanatikern. Viele Staaten werden durch eine gemeinsame Religion
zusammengehalten. Das Volk braucht etwas, woran es glauben kann, was ihm Hoffnung gibt, und die Mächtigen brauchen eine Legitimation ihrer Macht. Ein von Gott eingesetzter Herrscher, was für eine hervorragend geeignete Legitimation für ein absolutistisches Herrschaftssystem. Die Salbungen zum König im alten Testament der Bibel geben die richtige Voraussetzung dafür. Nachdem die römischen Kaiser einsehen mussten, dass sie den christlichen Fanatikern nicht
Herr werden konnten, lernten Sie das Potenzial des Christentums für sich selbst und ihre Herrschaft zu nutzen. Da das römische Reich zur Zeit seiner Christianisierung noch grosse Teile Europas umfasste, wurde dieses sowohl von
oben zwangskonfessionalisiert, wie auch von unten durch fanatische Anhänger missioniert. Als das römische Reich zusammenbrach, blieb nur noch die staatstragende Religion übrig, welche durch die ablösenden neuen Staaten weiter
genutzt wurde. Die Christianisierung Europas hat mit Macht und Geschichte zu tun, nichts hingegen mit Wahrheit.

Die meisten Christen sind Christen, weil sie in eine christliche Kultur hineingeboren wurden, nicht durch Studium und Nachdenken. Nachzudenken und zu studieren begangen sie erst nachdem sie in einer Umgebung der christlichen
Traditionen aufgewachsen waren, nachdem ihnen die Lügen des Christentums so oft wiederholt wurden, bis sie sie für Wahrheit hielten. Wären diese Menschen in
einer anderen Kultur aufgewachsen, ich bin überzeugt, sie wären heute genauso begeisterte Anhänger einer anderen Religion.
Dies gilt auch für Menschen, die sich erst als Jugendliche oder Erwachsene zum Christentum bekannten, denn auch sie sind in einer christlichen Umgebung aufgewachsen und wurden durch sie beeinflusst. Durch diese Beeinflussung von Kindsstatt an ist vielen Menschen ein
Kern christlichen Glaubens in die Wiege gelegt worden, welchen sie später auf der Suche nach Wahrheit nie mehr ganz loswerden können. Wenn sie diesen Kern bei christlichen, esoterischen oder buddhistischen Meditationen wiederentdecken, glauben sie stolz, das Göttliche im Menschen gefunden zu haben, obschon bereits
Arthur Schopenhauer darauf aufmerksam gemacht hatte, dass ein Mensch den grössten Blödsinn für Wahr halten kann, wenn man es ihm nur als Kind genug oft feierlich vortragen würde. Mit Wahrheit hat dies nichts zu tun.


 
Die Bibel ist Menschenwort!


Vortrag von Prof. Dr. Gerd Lüdemann 


Zur grundlegenden Einsicht der historisch-kritischen Methode gehört das Wissen darum, daß die Dokumente der Bibel ausschließlich in geschichtlichen Situationen verankert sind. Sie gilt der Wissenschaft daher heute als Menschen- und nicht als Gotteswort. Gott als fraglose letzte Autorität kann nicht Gegenstand der Forschung sein. Wir wissen heute, daß Luther sich täuschte, als er noch seine Schriftauslegung mit der Botschaft der Bibel gleichsetzte. Nur unter völliger Ausblendung der frühchristlichen Geschichte kann man davon ausgehen, daß der Gehalt der biblischen Botschaft damals wie heute identisch geblieben ist, oder daß der Prozeß der Kanonbildung vorherbestimmt war. Nur wer auch heute noch
die geschichtliche Entstehung der Bibel leugnet, kann behaupten, daß die in der Bibel zu Wort kommenden Verfasser über ihre Zeitgenossen hinaus auch jene Menschen angeredet haben, die später ihre Worte lesen würden.
Der historische Abstand zwischen dem frühchristlichen Zeitalter und der heutigen Kirche ist die Ursache für einen krisenhaften Strudel geworden, der liebgewonnene Gewohnheiten unbarmherzig mit sich in die Tiefe reißt. Die historische Kritik entdeckte diesen garstigen Graben und lebt seither aus der atheistischen Radikalität ihres Fragens, dem es um die Aufdeckung und Aufhellung vergangener Geschichte geht. Die unhintergehbare Eigenständigkeit der historischen Kritik allein schützt auch heute gegen eine einseitige kirchliche Vereinnahmung der Geschichte.

Entgegen diesen gesicherten wissenschaftlichen Einsichten gilt die Bibel den Kirchen immer noch als Anrede Gottes, selbst wenn diese Anrede in und durch Menschenwort geschieht. Diese Auffassung beruht jedoch auf einem naivdurchtriebenen Schriftverständnis, das sich an seiner Oberfläche zwar historisch-kritisch gibt, aber gleichzeitig die historische Kritik zurechtstutzt und diffamiert. Unter ihrer Oberfläche gibt sie letztlich einen Fundamentalismus zu erkennen.
Im Zuge dieses Schriftverständnisses wurden die Ergebnisse der historischen Kritik von kirchlichen Vertretern innerhalb von Theologie und Kirche unterdrückt und allenfalls geschönt oder nur höchst selektiv an die Öffentlichkeit weitergegeben. Im Vorwort zu der revidierten Lutherbibel aus dem Jahre 1984 heißt es in der "Vorrede zur Heiligen Schrift", daß die Bibel allen Menschen die gute Nachricht von Gottes Barmherzigkeit ausrichten will.

Ich wende mich der Bibel von ihrer häßlichen und verdrängten Seite zu und zeige, daß die Botschaft von der Liebe Gottes für alle Menschen nicht wirklich zutreffen kann: Die Bibel sagt es selbst. Als Historiker befreie ich die Bibel aus ihrem dogmatischen Korsett und stoße zum Grund der damaligen Wirklichkeit vor, die uns die andere, brutale Seite der Bibel ungeschminkt vor Augen führt: Gewalt wird im Namen Gottes glorifiziert, Intoleranz geht mit dem Erwählungsbewußtsein einher und steigert sich wahnhaft. So enthalten z.B. alltestamentliche Texte den rücksichtslosen Befehl Gottes,
ganze Völker im Heiligen Krieg rituell auszurotten. Der Heilige
Krieg blieb zwar mehr Wunsch und Fiktion, als er Realität werden konnte. Trotzdem erweckt es unsere Abscheu, daß die Abschlachtung von allen besiegten Frauen, Kindern und Männern als Gebot Gottes gilt, auf dessen Einhaltung Gott immer wieder strikt bestand. Auch Mischehen sollten aufgelöst werden, um der angeblichen Erwählung Israels durch Gott zu entsprechen. Gepriesen wird in der Bibel
derjenige Rächer, der die jungen Kinder des Feindes Israels, der Babylonier, nimmt und sie am Felsen zerschmettert. Gewalt bleibt Gewalt, ihr muß widersprochen werden, auch wenn sie von Gott höchstpersönlich angeordnet sein sollte.
Neutestamentliche Texte stempeln die gesamte jüdische Bevölkerung, die in Jesus von Nazareth nicht den erwarteten Messias erblicken kann, kurzerhand zu Feinden Gottes und schließen sie von seiner Barmherzigkeit aus. In den Passionsgeschichten findet sich eine derart manipulierte Geschichte des Lebens Jesu, daß Jesus dort selbst als Messias seinem Volk die Schuld an seinem Tod anlastet und
den Juden die Selbstverfluchung an einer Stelle sogar in den Mund gelegt wird. Die Evangelien verwischen die Schuld der Römer am Tode Jesu, so daß der brutale Pontius Pilatus am Ende sogar als Christenfreund in die Geschichte eingehen konnte. Die jüdische Niederlage gegen die römische Besatzungsmacht und die Zerstörung des Tempels interpretieren die frühen Christen als Gottes gerechte Strafe. Die aufkeimende heidenchristliche Kirche spricht der jüdischen Religionsgemeinschaft das Existenzrecht ab und ruft sich
selbst zu ihrem Erben aus. 


Dieser erschütternde Antijudaismus ist nur die Spitze eines
Eisberges. In seiner Entstehung und seinem gesamten Ausmaß ist er die linke Hand der christlichen Verkündigung über Christus.
Die Tragödie des christlichen Antijudaismus beruht darin, daß das christliche Erwählungsbewußtsein nur deshalb entstehen konnte, weil die Kirche die Ausschließlichkeit des jüdischen Gottesgedankens übernommen und auf sich selbst bezogen hat. Diese einseitige Übernahme entfaltete eine zerstörerische Wirkung. Es ist erschütternd, daß die Kirche ihre Gewalt gegen ihren eigenen Ursprung, das jüdische Volk wendete und eine Unheilsgeschichte sondergleichen entfachte. Ihre blutigen Schatten reichen von endlosen Diskriminierungen über die Kreuzzüge und konnten bis in die Konzentrationslager des Naziregims ihre grausige Wirkung entfalten.
Die historische Kritik kann daher nicht vor dem Inhalt der
biblischen Texte haltmachen. Sie muß sich demgeschichtlichen Befund stellen, daß Grausamkeit, Intoleranz und Konkurrenzkampf in der Bibel von Gott verordnet oder legitimiert werden. Sie hat die geschichtliche Wirkung dieser religiösen Propaganda und ihrer Gewaltutopien ernstzunehmen und gegen theologische Verharmlosung und
inhaltliche Entleerung zu schützen. Die historisch-kritische Methode ist der Aufklärung verpflichtet.
Sie hat, anders als die bloße Deutung der Texte, ein Gewissen. Sie entblößt die Maskerade der Interpretation im Umgang mit den biblischen Texten. Sie führt die Dogmatik auf den Boden der oftmals brutalen Tatsachen zurück.

Ouelle: Gerd Lüdemann, das Unheilige in der heiligen Schrift. Die andere Seite der Bibel, 1996, Radius-Uerlag. 

Copyright © Gerd Lüdemann

Last updated on March 13, 2002


 



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